Einführung in die Ausstellung "hermetisch - wild" im Stadtmuseum im Spital Crailsheim am 15. 09. 2010 von Claudia Scheller-Schach MA |
Herma Walter ist eine sehr reflektierte, über
sich und ihre Kunst nachdenkende Künstlerin. Hier
in der Kapelle sind wir umgeben von einer Werkgruppe aus acht Holztafeln, die –
so scheint es – hier ihren idealen
Ausstellungsort gefunden haben. Entstanden sind die Collagen schon vor einigen
Jahren – nicht dass Sie glauben, die Künstlerin hätte auf die gotische
Wandgestaltung dieses sakralen Raumes
reagiert. Dieser Schluss liegt nahe, wenn wir die Farben vergleichen, das
mehrfach auftretende Kreuzzeichen bzw. die vertikal-horizontale Akzentuierung
bemerken. Dazu lassen auch die Titel
menschlich-existenzielle bis spirituelle
Themen vermuten. Jedoch, wie gesagt, die Gruppe entstand nicht im Hinblick auf einen solchen Ausstellungsraum. Die
Künstlerin hat sich vielmehr auf Material, das ihr zufällig zur Verfügung stand
eingelassen: auf eine weiße Grundierung der Platten legte sie verschiedene
Papiere, gestaltete Flächen und Faltungen, spielte mit grafischen Elementen und
malerischen Partien; manchmal ist die Herkunft des Materials noch erkennbar:
Zwei
andere Werkgruppen von Herma Walter sind im Obergeschoss des Museums zu finden:
Es handelt sich um Drucke und um Malerei. Zunächst
zu den Gemälden: sie vermitteln
wieder – ähnlich den Collagen hier – einen Anteil intuitives Arbeiten gepaart
mit einer tastenden, suchenden Linienführung, die einen Dialog vermuten
lässt. Einen solchen Dialog stelle ich mir so vor: äußere
Eindrücke, Erlebnisse, Stimmungen stellen den Anlass für das Malen dar, ein
Anfang wird gemacht, dann fächert sich im Nachspüren – ich greife den Begriff
vom Anfang nochmals auf - es fächert
sich also ein ganzes Vokabular von Gestaltungsmitteln auf: starke Farb- und
Hell-Dunkel-Kontraste finden ihren Ausgleich in feinen Abstufungen von
Farbflächen, die wiederum den Grund für
frei agierende Formen, darstellen. Die im wahrsten Sinne des Wortes
vielschichtige Gestaltung der Bildoberfläche
erschließt tiefere Räume – wie Höhlen und Spalten, um einmal subjektive Assoziationen konkret zu benennen. So
bietet sich dem Auge des Betrachters ein spannendes Spektrum dar. Es
umfasst dynamische Bildmittel und
harmonischen Ausgleich, es verbindet
gegenstandsfreie Formationen mit figürlichen Versatzstücken. Nach
meiner Einschätzung wird hier eine Art Konzept für das gesamte Schaffen der
Künstlerin deutlich: sie bringt verschiedene Ebenen der Wirklichkeit (gesehene,
empfundene, geschaffene) über ihre Art der Gestaltung zu einer Einheit. Kann
man diese These auch mit der dritten
Werkgruppe, den Drucken, belegen? – Rhetorische Frage – deshalb Antwort:
ja! Es
findet sich nämlich darin eine interessante Kombination von Wirklichkeit – im
Sinne von Realien, nämlich Materialien und künstlerischer Konzeption und
Komposition auf der Bildfläche: mit Holz und Glas fertigte Herma Walter Mitte
der 90er Jahre eine Serie sehr konzentrierter Drucke an. Reduziert auf wenige
Formen und Farben sind sie dafür umso intensiver in ihrer Wirkung. Harte Linien
fassen gleichmäßig gefärbte Flächen ein
– vermitteln das Glatte, scharfkantige von Glas. Daneben wird der Abdruck von
Holz sichtbar: die Holzmaserung liefert eine feine Binnengliederung der Fläche.
Die wenigen Formen und Strukturen werden in der Bildserie variiert: mal
stehen sie puristisch nebeneinander, mal überlagern sie sich und entfalten so
einen Dialog untereinander und mit dem Bildraum. Ein solcher Dialog muss nicht
Bildinhalte vergegenständlichen, sondern er erzählt von oben und unten, von
Bewegtheit und Ruhe, von Freiraum und belebtem Raum. Wobei die unbedruckte
Fläche des Papiers keine Leerfläche ist, sondern integrativer Bestandteil
des Ensembles. Obwohl
die Druckträger Holz und Glas ja schon vieles mitbringen – Urheberin des
ästhetischen Erlebnisses ist natürlich die
Künstlerin: ihre Setzungen sind dafür entscheidend. Diese
Setzungen vollzieht Herma Walter nicht willkürlich, schon gar nicht wild, aber auch nicht brav, sondern in der genau richtigen Balance. Claudia Scheller-Schach M.A Kunsthistorikerin Buchenweg 22 74653 Künzelsau Tel. 0 79 40 – 5 85 13 scheller-schach@web.de |